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Vermächtnis
personals [ ]
eine wahre Geschichte

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by [BlackLeviathan ]

2008-08-28  | [This text should be read in deutsch]    | 



Als mich der Tod früh zu sich nahm, habe ich zu Gott so viele Gebete geweint, dass es schon reichen müsste, die ganze Welt zu retten.
Doch er hat mich nicht erhören wollen…er war zu stolz, zu schwarz im Herzen.
Gott ist noch lange nicht tot, mein Kind…er ist da und guckt uns zu und tut uns weh wann immer er kann.
Angst um euch alle vergewaltigt meine Seele, denn er ist weder gütig noch weise.
Ich hasse ihn so tief und endgültig…
Ich frage mich, ob er meinen Schmerz verspüren kann…ich hoffe es tut ihm weh, ich hoffe meine Tränen waren wie Schwefelsäure auf seiner Haut.
Soll das denn das Ende gewesen sein? Soll das denn das Ziel meiner mit barbarischer Eloquenz durchgeführten Autodestruktivität sein?
Das, was ich jetzt fühle ist wenig erstrebenswert, mein Kind.
Es ist viel ruhiger, als ich es mir gedacht hätte…Totenstille…
Heute ist nicht ein Tag wie jeder andere, denn heute hast du Geburtstag.
Es ist mal wieder Winter, mein Kind…unsere Jahreszeit, die Jahreszeit der Wunder.
Ich höre nur die Schneeflocken…ein wahres Bombardement, mein Kind. Es erinnert mich an dich…weiß du es noch? ...Du warst so klein, gerade mal zwei, drei Winter alt. Es war Mitte Dezember, war viel zu warm für diese Jahreszeit…und es wollte einfach nicht schneien…und wie warst du traurig, mein Kind! Ich sehe auch heute noch die freche Nase geklebt an das kalte Fenster, die traurigen, verträumten Augen, die anbetungsvoll zum Himmel starrten.
Da wollte ich nur noch eines in meinem Leben…Ich wollte für dich den Himmel schneien lassen.
Dann sagte ich dir: „Komm her mein Kind, komm hier auf meinen Schoss!“ Und dann schrieb für dich ein Gedicht … dein Gedicht, mein Kind… Kannst du es noch?


Es schneit, es schneit Illusionen,
Zu Tausenden vom Himmel fallend,
Ist nicht das erste Mal im Leben,
Dass Wolken Illusionen mahlen.

Es schneit, es schneit, die weiße Hoffnung,
Klopft diskret an meine Tür,
Schmelzt sich tot nur leise fragend,
Wird er mich lieben, ein bisschen nur?

Und wie eine Schneeflocke im Wind, vom Wind verweht,
Reist leise mein Gedanke,
Und wie Schneeflocken auf meinem Gesicht, sammle ich trist
Ein Wort von dir und lasse es schlafen hier, in meinen Armen.

Kaum war ich fertig, fing es schon an zu schneien…so wie es selten auf der Erde schneit, so voller Unschuld und so nebenbei, als ob der Himmel nicht mehr leben wollte.
Heute weiß ich es… Die Engel hatten uns gehört und ließen den Himmel weinen, doch weil es Freudentränen waren, kamen sie als Schneeflocken hinunter und streichelten deine Stirn und küssten deine blonden Löckchen und machten dich zu einem von ihnen.
Es schneite viel, es schneite Hoffnung, doch Hoffnung nur für dich, mein Kind, nicht für mich…
Ich bete auch heute noch…ich bete darum, die Zeit um ein paar Jahre zurückzudrehen. Ich würde vieles anders machen, ich würde mir nicht die Chance zerstören, dich aufwachsen zu sehen…
Doch da oben hört man nur auf Gedichte, und ich kann nicht mehr sprechen…Hier bei uns herrscht Redeverbot…Ja, ja…zwar nicht offiziell, aber man munkelt es so…
Du wirst dich wohl fragen wieso ich dich rufe…
Verzeih mir, mein Kind, ich weiß dass du nur wenig Zeit hast…aber ich fühle mich doch so allein. Ich denke oft an euch…nur das kann ich noch!
Es schneit auch heute noch genau wie früher Illusionen, doch nicht für mich, nein, nicht für mich.
Du kommst mich so selten besuchen…und wenn du da bist sagst du nichts…Du solltest hier nicht traurig sein, nicht für mich. Sei lieber froh und sing mir etwas…Es tut so gut, dich zu hören, mein Kind.
Nachdem du zuletzt da warst, es wird wohl schon ein Jahr vergangen sein, habe ich mich mit den Blumen, die du mir brachtest, angefreundet…Sie rochen gut…nach Ruhe und auch ein bisschen nach dir. Sie erzählten mir von dir, dass du groß bist, fast erwachsen und auch von Mama, dass sie nun grau geworden ist, und traurig ist sie auch und lacht so selten…
Die Kerze, die du mir brachtest, war dagegen weniger gesprächig. War wohl irgendwie ein bisschen traurig, wäre vielleicht lieber eine Hochzeitskerze gewesen. Sie hörte meine Rufe nicht. War zu beschäftigt, schnell zu brennen und zu sterben in einer Art von stillem Selbstmord, so wie ich Teil meines Lebens.
Sie hat mich wenigstens ein bisschen aufgewärmt und starb dann still und leise unter den Trommelschlägen einer Armee von Schneeflocken.
Ja…ich war eine traurige Kerze, mein Kind, habe schmutzig geliebt und all die Heiligen gekreuzigt. In täglichen Momenten von seelischer Masturbation habe ich mein Ego zur lyrischen Prostitution genötigt. An unzähligen Abenden nass von viel Wein und trocken von viel Rauch lachte ich aus in meinem jugendlichen Leichtsinn auch Gott, auch Teufel und starb auf dem Papier tausend Tode. Es war real, doch morgens war alles vorbei. Doch nicht diesmal…Ich habe aufgehört die Tage zu zählen…es gibt kein Erwachen mehr…Hat Recht gehabt, wer mal gesagt hat: „Ich habe keine Angst vor dem Tod aber vor seiner Unendlichkeit“.
So vegetiere ich hier in meinem Grab dahin, mein Kind, sehe die Welt sehr hektisch wirken…und lasse meine Seele von den Jahreszeiten säubern. Der Frühling malt mir grüne Farbe ins Gesicht und bringt mir jedes Jahr auf`s Neue das Riechen bei. Der Sommer wärmt meine eisige Seele, ich taue langsam auf und schaue mir an, wie die Vögel fliegen und hoffe, ich kann es irgendwann auch einmal lernen, um bis zu dir zu gelangen…auch als Vogel, wenn es sein muss. Dann kommt der Herbst mit seinen nassen Händen und weint mir sein Leid in Hunderten Ausführungen. Und dann bedeckt er meine Seele mit sterbenden Blättern und mein Herz mit dem Schatten eines Baumes und erinnert mich daran, wer und wo ich bin.
Doch dann kommt schon der Winter, und es wird so rein um mich. Der Winter schenkt mir Blumen aus Eis, und befestigt sie mit leisen Sprüchen in einer mir fremden Sprache an meinem Kreuz …Der verkrüppelte Baum an meinem Kopf singt mir im Wind Lieder von dir, Schneeflocken formen dein junges Gesicht und ich weine, weil ich glücklich bin…
Schaue mich an, mein Kind…einsam war ich lange Jahre meines Lebens, doch nie so einsam wie jetzt…nie…nie…

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