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Odysseus’ Sirenen
prose [ ]

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by [mehdi ]

2007-11-12  | [This text should be read in deutsch]    | 



Ein begnadeter Dichter, dieser Homer, das muss man schon zugeben. Und doch scheint ein verblendeter Geist aus seinen Seiten hervor. Die Gefährten! Die Gefährten! Rücklings aus dem bauchigen Schiff in die Höhe gerissen, verschlingt sie das ungeschlachte Seewesen mit den sechs mahlenden Mäulern. Und Odysseus, der Unterdrücker, hat es gewusst. Er hat es gewusst!
Er unterhält eine besondere Korrespondenz mit den Göttern – von der weiß aber nur er allein; manches Mal hat er davon berichtet, als er abends vor unseren Augen den köstlichen Wein sprengte – dann plauderte er von Sehern in der Unterwelt, von Männern, die zu Schweinen verwandelt wurden, von den Rindern des Helios und ähnlichem Unfug. Die Gefährten zwinkerten sich dann gegenseitig zu und stießen lachend an, hinter seinem Rücken nannten sie ihn ψυχή.
Er war ja der König, was sollte man tun? Kamen wir in eine Stadt, wären wir Tagelöhner, Vagabunden, Resteesser gewesen. Aber so – mit einem König! – wurden wir herrlich empfangen, konnten bei den Schweinen im Stall uns betten, was für ein Leben! Ob solcher Vorteile wäre eines jeden Dieners Stimme erschwollen: Gepriesen sei, o mein erhabener König! Odysseus warf sich bei solchen Worte seine Tuche weltmännisch um den Hals (wobei er den römischen Konsul sehr präzise vorwegnahm) und drehte sich weg mit den Worten „Gebt’s auf!“
Auch waren sein Gebärden während der langwierigen Fahrten sehr amüsant. Er sah dann Dinge aufscheinen, ganze Vogelwesen krallten sich in die Segel und fauchten zu uns herab. Überwältigende Phantasie! Eines Nachts waren wir versucht – man möge es vergeben – uns dieses verwirrten Mannes zu entledigen:
Er sprach am Abend zuvor mit der Schicksalsgöttin, wie er uns unter vorgehaltener Hand offenbarte. In solchen Momenten spintisierte er in die Wellen, er war dann sichtlich angestrengt und man hätte ihm eines der hölzernen Ruder in den Nacken geben können, er wäre höchstens zur Seite gefallen wie ein fleischgefüllter Schlauch.
Jedenfalls erzählte er uns von zwei Frauenwesen, die so lieblich sängen, dass jeder Mann ihnen verfallen, sich mit verdrehten Augen aus dem Schiff in die Eiseskälte schmeißen und hinüber in seinen eigenen Tod schwimmen würde; die Sirenen nämlich, so nannte er sie, seien erbarmungslose Männerfresserinnen (bei diesem Wort klatschten zwei der Gröbsten unter uns in die Hände, als wären soeben saftige Rindsschenkel gespießt und geröstet worden).
Gut, Odysseus, sagten wir, was ist also zutun? Er sinnierte kurz, dann knetete er emsig ein Stück Wachs in der Sonne. Wir unterhielten uns derweil über einige Reparaturen, die wir am Schiff vorzunehmen hatten. Dann hieß uns der Alte, wir sollen geschwind das Wachs in die Ohren stopfen, bis uns kein Laut mehr ins Gehör dringen könne. Wir waren schon eingespielt auf solche Faxen und folgten artig, obgleich einige weiter hinten die Augen verdrehten. Keiner aber wollte einen Aufstand provozieren wie damals in L..., wo Odysseus einen gigantischen radäugigen Kyklopen vermutete, und als wir abwinkend in die Schiffe steigen wollten, verkroch er sich so tief in einer Felsspalte, dass wir ihn nur mit einer List wieder hervorlocken konnten.
Als wir also, das Wachs in den Ohren, da saßen, befahl er uns, ihn an den Mast zu fesseln, und ihn nicht loszubinden – und wenn er es verlangen sollten, müssten wir ihn nur noch fester schnüren.
So geschah alles nach seinem Willen und wir ruderten wie eh und je. Nach kurzer Zeit, wir passierten tatsächlich ein kleines Eiland, zu klein für auch nur ein einziges Schaf, wand sich Odysseus wie von Alpträumen gebeutelt am Mast, er schrie, bindet mich los! Perimedes stand sogleich auf, um seinen Befehl auszuführen, doch rief ich: lass ab, er stürzt sich noch in die Fluten! Sei’s drum, erwiderte mein Freund achselzuckend. Aber nein, ich konnte ihn überreden und so setzte er sich wieder auf die nasse Bank. Odysseus’ Blick war verklärt, er starrte zu der Insel hinüber. Ich schwöre, er fühlte einen Blick auf sich haften und doch sah er dort nichts. Um ein Haar hätten wir ihn gelassen.
Es passierten noch andere merkwürdige Dinge in diesen Tagen, ich erinnere mich aber kaum mehr daran. Nur noch weiß ich von dieser unsagbar grünen Insel, was für ein Glück! Wie nannten sie fortan nur noch „die Insel“. Es gab dort Rinder, man begreift es mit menschlichem Verstand nur schwer. Eine Pracht! Und was für Herden! Odysseus sagte uns, wir dürften sie unter keinen Umständen anrühren – das war den Männern dann zuviel des Guten und als die Mägen zu hungrig knurrten, grillten sie umfangreich auf. Im Laufe des Tages verschwand Odysseus dann heimlich mit seinem Schiff.
Wir haben ihn nicht mehr gesehen, aber ein Reisender, der auf Ithaka Hirse und Schweine getauscht hatte, erzählte mir, er sei nach Hause zurückgekehrt und habe seinen Palast voller Gesindel vorgefunden. Er soll diesen Leuten, einem nach dem anderen, das Gehirn auf der steinernen Flur zersprütz haben – seitdem lebe er in Frieden mit den Seinigen. Das hat mir gefallen; zu guter Letzt ist er wohl doch noch zur Besinnung gekommen, dieser vernebelte Schwärmer.

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